Ein an der Fundstelle Hammerschmiede in deutschen Allgäu gefundener fossiler Unterkiefer konnte einer neuen Art der ausgestorbenen Gattung Vishnuonyx zugeordnet werden. Das Fossil ist 11,4 Mio. Jahre alt. Dies entspricht dem Zeitalter des unteren Miozän.
Vishnuonyx ist eine ausgestorbene Gattung der Otter mittlerer Größe (10-15 kg), die zwischen 14 und 12,5 Mio. Jahren vor heute in den Hauptflüssen Südasiens lebten.
Die gemeinhin als Vishnu-Otter bekannten Tiere wurden zuerst in Sedimenten der Himalaya-Vorgebirge entdeckt.
Die neue Spezies unterscheidet sich von den bereits bekannten Angehörigen der Gattung bezüglich ihrer Größe- sie liegt zwischen denen der afrikanischen Art Vishnuonyx angololensis und dem asiatischen Vishnuonyx chinjiensis — und ihrer Morphologie.
Die neue Art wurde Neptuns Vishnuotter genannt (Vishnuonyx neptuni). Sie repräsentiert das erste Auftreten der Gattung in Europa und deren nördlichsten sowie westlichsten Nachweis.
“Jüngste Funde zeigen, dass Vishnu-Otter Ostafrika vor ca.12 Mio. Jahren erreichten,” sagen Dr. Nikolaos Kargopoulos, Paläontologe im Fachbereich Geowissenschaften der Eberhard- Karls-Universität Tübingen und seine Kollegen.
“Die Entdeckung ist der erste Beweis, dass es sie auch in Europa gab-möglicherweise von Indien aus über die ganze alte Welt ausgebreitet.”
“Ihre enorme Ausbreitung über mehr als 6000 km über drei Kontinente wurde durch die geographische Situation vor 12 Mio. Jahren möglich gemacht.”
“Die neu gebildeten Gebirge von den Alpen im Westen bis zu den Bergen des iranischen Elbrus im Osten trennten ein großes Ozeanbecken von der Tethys , dem Vorläufer von Mittelmeer und Indischem Ozean.”
“Dadurch entstand die Paratethys, ein riesiger eurasischer Wasserkörper, der sich von Deutschland bis hinter den heutigen Aralsee in Kasachstan erstreckte.”
“Vor ungefähr 12 Mio. Jahren hatte diese nur eine schmale Verbindung zum Indischen Ozean, die sogenannte Araks-Straße in der Region des heutigen Armenien.”
“Wir vermuten, dass Vishnuonyx neptuni dieser Verbindung nach Westen folgte und über das sich bis zum Westen des heutigen Wiens abzeichnende vorzeitliche Donaudelta den vorzeitlichen Fluss der Ur-Guenz im südlichen Deutschland erreichte, und darüber das heutige Fundstelle Hammerschmiede. ”
Für die Visualisierung der feinsten Details in Vishnuonyx neptunis Zähnen nutzten die Forscher computertomographische Methoden.
“Wir schlagen vor, dass Vishnuonyx neptuni sich hauptsächlich von Fisch und weniger von Muscheln oder Pflanzen ernährte, ähnlich wie der lebende Riesenotter Pteronura brasiliensis.”
Die Entdeckung von Vishnuonyx neptuni wurde im Journal of Vertebrate Palaeontology publiziert.
_____
Nikolaos Kargopoulos et al. New Early Late Miocene species of Vishnuonyx (Carnivora, Lutrinae) from the hominid locality of Hammerschmiede, Bavaria, Germany. Journal of Vertebrate Palaeontology, published online September 16, 2021; doi: 10.1080/02724634.2021.1948858