In einer neuen wissenschaftlichen Arbeit sequenzierte und analysierte eine internationale Forschergruppe die mitochondrialen und nuklearen Genome von lebenden und ausgestorbenen „caballinen“ Pferden (Equus spp.). Ziel war die Untersuchung möglicher Einflüsse der Bering-Landbrücke auf die genetische Vielfalt innerhalb der Arten und die Verbindung zwischen den Populationen dieser ehemals sehr weitreichenden Gruppe. Dabei kam heraus, dass die eurasischen Populationen von denen in Nordamerika, ihrem angestammten Kontinent, vor ungefähr 1 Mio. Jahren abgespalten sind. Als Folge dieser Spaltung konnten die Forscher zwei weitreichende Ausbreitungen über die Bering-Landbrücke identifizieren: 875.000-625.000 bzw. 200.000-50.000 Jahre vor heute.
Paläontologen wissen seit langem, dass sich die Pferde in Nordamerika entwickelt und ausgebreitet haben..
Eine Linie, die „caballinen Pferde“, zu denen auch die Hauspferde gehören, verbreitete sich vor etwa 1 Mio. Jahren, ausgehend von der Bering-Landbrücke, über Eurasien. Die eurasische Population begann dann, sich von der in Nordamerika verbliebenen Population genetisch zu entfernen.
Die neue Studie zeigt, dass Pferde nach dem Split in mindestens zwei Perioden hin und zurück wanderten und sich dabei miteinander kreuzten. So erhielten nordamerikanische Tiere eurasische Gensegmente und umgekehrt.
“Dies ist der erste umfassende Blick auf die Genetik vorzeitlicher Pferdepopulationen über beide Kontinente,” so Dr. Alisa Vershinina, Postdoktorandin an der University of California, Santa Cruz.
“Anhand der Daten der mitochondrialen und nuklearen Genome konnten wir sehen, dass die Pferde sich nicht nur zwischen den Kontinenten ausbreiteten, sondern sich auch kreuzten und Gene austauschten.”
Dr. Vershinina und ihre Kollegen sequenzierten 78 neue mitochondriale Genome aus Funden vorzeitlicher Pferde Eurasiens und Nordamerikas.
Per Vergleich dieser Genome mit 112 zuvor publizierten mitochondrialen Genomen rekonstruierten die Wissenschaftler einen Stammbaum, ein Verzweigungsdiagramm, das alle Proben in Relation zueinander abbildet.
Mit der Zuordnung jedes Genoms zu einem Ort und einem ungefähren Zeitraum konnten sie die Wanderbewegungen für verschiedene Linien der Urpferde tracken.
“Wir fanden eurasische Pferdeabstammungslinien hier in Nordamerika und umgekehrt. Das legt transkontinentale Wanderungen der Populationen nahe,” so Dr. Vershinina.
“Mit Hilfe datierter mitochondrialer Genome können wir sehen, wann dieser Ortswechsel stattfand.”
Die Analyse zeigt zwei Ausbreitungsperioden zwischen den Erdteilen. Beide waren zeitgleich mit den Phasen, während derer die Bering-Landbrücke dies ermöglichte.
Im mittleren Pleistozän, kurz nachdem die beiden Abstammungslinien auseinanderdivergierten, war die Wanderrichtung meist von West nach Ost.
Während einer zweiten Welle im späten Pleistozän fanden die Migrationen in beiden Richtungen statt, aber meist ebenfalls von West nach Ost.
Die Forscher sequenzierten ebenfalls zwei neue nukleare Genome aus gut erhaltenen Pferdefossilien der kanadischen Yukon-Region.
Diese wurden mit sieben zuvor publizierten nuklearen Genomen verknüpft. Damit konnte das Team die Höhe des Gen-Flows zwischen den eurasischen und nordamerikanischen Populationen quantifizieren.
“Die in der Vergangenheit übliche Ansicht war, dass die Pferde in verschiedene Arten aufspalteten, sobald sie in Asien waren, aber diese Ergebnisse zeigen, dass zwischen den Populationen so etwas wie ein durchgehender Zusammenhang bestand,” so Dr. Ross MacPhee, Paläontologin am American Museum of Natural History.
“Sie waren in der Lage, sich ungehindert zu kreuzen, und wir sehen das Ergebnis in den Genen der Fossilien beiderseits der Trennungslinie.”
“Die neuen Ergebnisse helfen dabei, die Frage, warum Pferde aus Nordamerika verschwanden, neu zu umreißen.” meint Dr. Grant Zazula, staatliche Paläontologin in Yukon.
“Es war eher ein regionaler Populationsverlust als ein Aussterben. Wir wissen noch nicht, warum, aber es zeigt uns, dass die Bedingungen in Nordamerika zum Ende der letzten Eiszeit dramatische Art anders waren. Wären die Pferde nicht nach Asien übergewechselt, hätten wir sie global verloren.”
Die Ergebnisse wurden in dem Journal Molecular Ecology publiziert.