Für lange Zeit glaubte man, daß die riesige Nashornart namens Elasmotherium sibericum ca. 200.000 Jahre vor heute ausstarb, deutlich vor dem Quartären Megafauna- Aussterbeereignis, das sowohl das Wollhaarmammut als auch den irischen Riesenhirsch und den Säbelzahntiger betraf. Neue verbesserte Altersdatierungen der Fossilien weisen darauf hin, daß die Art in Osteuropa und Zentralasien sogar bis vor ca.39.000 Jahren überlebte. Damit überlappt sich ihr Vorkommen mit der Existenz der frühen modernen Menschen.
Gegenwärtig gibt es fünf überlebende Rhinoceros-Spezies. In der Vergangenheit allerdings existierten auf der Erde ca. 250 Arten, zu verschiedenen Zeiten.
Elasmotherium sibericum — auch bekannt als das „Sibirische Einhorn“- wog bis zu 3,5 Tonnen. Die Bezeichnung „Sibirisches Einhorn“ bezieht sich sein außergewöhnlich großes einzelnes Horn auf der Nase. Damit war es von allen Nashornarten zweifellos eines der beeindruckendsten.
Es wurde für lange Zeit angenommen, daß diese vorzeitliche Kreatur bereits vor dem Eiszeitalter ausgestorben ist. Allerdings erschüttert eine neue Studie die bisherigen Annahmen bezüglich der Zeit des Verschwindens.
“Dies “Megafauna-Aussterbeereignis“ kam bis vor 40.000 Jahren nicht wirklich in Gang,” meinte der Senior-Autor der Studie, Professor Adrian Lister, ein Forscher der Abteilung für Geowissenschaften des Natural History Museum in London.
“Somit wurde Elasmotherium sibericum mit seiner scheinbaren Auslöschung vor 100.000 Jahren nicht mit diesem Ereignis in Verbindung gebracht.”
“Wir datierten ein paar Exemplare, und zu unserer Überraschung kamen wir auf weniger als 40.000 Jahre.“
Die Ergebnisse der Radiocarbondatierung zeigen, daß Elasmotherium sibericum mindestens bis 39.000 Jahre vor heute überlebte,- möglicherweise bis vor 35.000 Jahren. Weiter führende Studien enthüllten mehr über die Biologie und das Verhalten des Riesen-Rhinos.
Professor Lister und seine Co-Autoren untersuchten die Zähne der genannten Art und bestimmten die Mengenverhältnisse darin enthaltener chemischer Elemente, d.h. verschiedener stabiler Isotope von Kohlenstoff und Stickstoff. Der anschließende Vergleich mit den Isotopenmustern verschiedener Pflanzen erlaubte, den Speiseplan der Tiere zu rekonstruieren.
Die Resultate bestätigen, daß Elasmotherium sibericum sich mit größter Wahrscheinlichkeit von zähen, trockenen Gräsern ernährte. “Seine letzten Tage teilte Elasmotherium sibericum sich mit modernen Menschen und Neandertalern“, meinen die Forscher
“Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß die Präsenz der Menschen die Ursache für das Aussterben war. Glaubwürdiger ist stattdessen, daß dramatische Klima-Fluktuationen während dieser Zeit, in Verbindung mit dem speziellen Lebensstil des Grasens sowie der natürlich geringen Populationgröße der Rhinos diese an den Rand drängte.”
Die Forscher schafften es darüber hinaus, aus einigen der Fossilien DNA zu extrahieren. Damit konnte eine Debatte, wie Elasmotherium sibericum, zusammen mit allen anderen Mitgliedern der Gattung Elasmotherium, in den Stammbaum der Rhinos passt.
“Die vorzeitliche Gruppe trennte sich von der modernen Gruppe der Rhinos vor grob 43 Mio. Jahren, Elasmotherium sibericum war die letzte Spezies einer sehr ausgeprägten und altertümlichen Linie“, meinten die Autoren der Studie.
Der Forschungsbericht wurde im Journal Nature Ecology & Evolution veröffentlicht.
_____
Pavel Kosintsev et al. Evolution and extinction of the giant rhinoceros Elasmotherium sibiricum sheds light on late Quaternary megafaunal extinctions. Nature Ecology & Evolution, published online November 26, 2018; doi: 10.1038/s41559-018-0722-0A