Die Geowissenschaftliche Sammlung der Universität Bremen beinhaltet eine der artenreichsten Sammlungen heutiger Schneckengehäuse in Deutschland und ist daher oft bestens geeignet um fossile und heutige Schalen miteinander zu vergleichen. Als die Mitarbeiter jedoch eine heutige Schlitzbandschnecke für den Vergleich suchten verlief die Recherche vergeblich. Die Sammlung besaß aus der gesamten Gruppe der Schlitzbandschnecken, der Familie der Pleurotomariidae, kein einziges rezentes Gehäuse. Dieses ist nicht ungewöhnlich, denn Schnecken dieser Gruppe sind recht selten in Sammlungen anzutreffen wie z.B. im Standardwerk „Compendium of seashells“ (Abbott & Dance 1998) nachzulesen. Da die Schlitzbandschnecken aus weit entfernter geologischer Vergangenheit gut bekannt sind sollte sich dieses im Fall der Bremer Sammlung aber ändern. Man bezeichnet die heutigen Vertreter der Schlitzbandschnecken, aufgrund ihrer langen erdgeschichtlichen Tradition, auch gerne als lebende Fossilien- zumal sie von der äußeren Gestalt der Schale her fast identisch zu den frühesten Tieren aus dem späten Kambrium – also vor gut 490 Millionen Jahren – sind. Ausgewachsene Exemplare von Pleurotomarien können sehr groß werden, eine Art erreicht eine Gehäusehöhe von 20 cm. Ihr kegelförmiges Gehäuse zeigt einen auffälligen Schlitz an der Gehäusemündung – der ihr auch den Namen gab. Der Schlitz dient der Abfuhr des Atemwassers. Um verbrauchtes Wasser nicht erneut einzustrudeln liegt diese Öffnung somit weit von der Gehäusemündung entfernt.
Pleurotomarien kommen heute nur in größerer Meerestiefe von ein paar hundert Metern vor und sind daher nicht so leicht anzutreffen wie viele andere Meeresschnecken, wurden daher von der Wissenschaft erst spät entdeckt – und sind daher auch selten in Sammlungen anzutreffen. Erst 1879 entdeckte eine Expedition vor den Westindischen Inseln das erste lebende Exemplar mit Hilfe eines Schleppnetzes. Aufgrund des Vorkommens in größerer Meerestiefe sind Gehäuse dieser Schnecken auch über viele Jahre im Handel teuer gewesen und wurden selten angeboten. Aus Artenschutzgründen sollte sich jeder potentielle Käufer auch gut überlegen ob die Anschaffung eines heutigen Gehäuses moralisch vertretbar ist. Für die Geowissenschaftliche Sammlung, als öffentliche Einrichtung mit dem Schwerpunkt heutige und fossile Mollusken, haben wir uns letztendlich entschieden ein rezentes Exemplar für Forschung und Lehre anzuschaffen und der Förderverein ermöglichte nun diesen Kauf. Unser Exemplar gehört zur Art hirasei Pilsbry 1903, die – je nach taxonomischer Auffassung – zur Gattung Pleurotomaria, Perotrochus oder zu Mikadotrochus gestellt wird. Sie stammt aus 300 m Wassertiefe aus dem Ostchinesischen Meer. Insgesamt gibt es 16 heutige Arten, mit hirasei als der am besten bekannten Spezies. Zum Vergleich sieht man hier eine fossile Schlitzbandschnecke aus der mittleren Jurazeit die in Franken gesammelt wurde und die etwa 170 Millionen Jahre alt ist.