Es gehört heute fast zum Allgemeinwissen, dass vor ca. 66 Mio. Jahren ein massiver Meteorit auf die Erde traf. Die Auswirkungen seines Einschlags waren so verheerend, dass es zu einem der größten Massenaussterben der Erdgeschichte kam. Der Einschlagskrater in der Nähe der kleinen Ortschaft Chicxulub im heutigen Mexico läßt den Schluss zu, dass es sich bei dem Himmelskörper um ein Objekt von der Größe des Mount Everest gehandelt hat. Das Ereignis markiert den Übergang vom Erdmittelalter zur Erdneuzeit. Die durch ein Impakt freigesetzte Energie betrug schätzungsweise gigantische 10 23 Joule. Die Folgen waren vielfältig: unter anderem entstand auf der heutigen Halbinsel Yucatan im Golf von Mexico ein Einschlagskrater mit einem Durchmesser von ca. 170-200 km. Die Energiemenge reichte, um darüber hinaus unvorstellbare Erdbeben und Mega-Tsunamis zu erzeugen.
Neuere Forschungen legen nun nahe, dass ein Mega-Erdbeben ausgelöst wurde, das die Erde für mehrere Wochen durchschüttelte.
Hermann Bermúdez, Forscher an der Montclair State University in Montclair, New Jersey / USA, entdeckte im Jahre 2014 die sogenannten Sphärulen-Lagerstätten auf der zu Kolumbien gehörenden Gorgonilla-Insel.
In diesen Ablagerungen findet man Tektiten und ca. 1 mm große Mikrotektiten, also Glastropfen, die bei einem Meteoriteneinschlag als Auswurfentstanden sind.
Gorgonilla Island liegt etwa 3000 km südwestlich von Chicxulub. An seinen Küsten finden sich Anreicherungen von Sand, Schlamm und Meeresorganismen, die vom Meeresboden an der Einschlagstelle herrühren.
Nach Einschätzung der Wissenschaftler sind dort entdeckte deformierte Schlamm- und Sandsteinlagen ca. 10-15 m unter dem Meeresboden auf das durch den Impakt ausgelöste Mega-Erdbeben zurückzuführen.
Indiz dafür ist die Tatsache, dass die Oberflächenformen der Deformationen sich bis über die überlagernde Sphärulenschicht hinaus fortsetzen. Diese Schicht mit ihren Mikrotektiten wurde aufgrund ihrer geringen Korngröße erst mit einem zeitlichem Abstand von Wochen bis Monaten zum Impakt auf dem Ozeanboden abgelagert. Dass sie ebenfalls die Deformationen aufweist, deutet darauf hin, dass die Erdbebenaktivität zumindest bis zu ihrer Entstehung bestehen blieb. In Mexico und den USA, z. B. in Mississippi, Alabama und Texas, gibt es ähnliche Beweise für Deformationen durch ein Mega-Erdbeben, wie Risse und Verwerfungen. An mehreren exponierten Felsen konnten sie auf Tsunamis weisende Ablagerungen dokumentieren.
Am El-Papalote-Aufschluss in Mexico konnten die Forscher Indizien für Liquefaktion feststellen, d.h. für „Verflüssigung“ von Sedimenten durch die Erdbebenwellen. Dies Phänomen ist auch von heutigen starken Erdbeben bekannt. Feinkörniges festes Material verhält sich dann plötzlich wie eine Flüssigkeit.
Direkt über dem Sphärulen-Horizont finden sich dann Sporen von Farnen als Zeugnis für die Wiederkehr pflanzlichen Lebens nach dem Einschlag.
Die Arbeitsgruppe wird ihre Ergebnisse in diesem Monat auf dem GSA Connects meeting in Denver, Colorado, (USA) vorstellen.
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Hermann Bermudez et al. 2022. The Chicxulub Mega-Earthquake: Evidence from Colombia, Mexico, and the United States. Geological Society of America Abstracts with Programs 54 (5); doi: 10.1130/abs/2022AM-377578
Quelle: https://www.sci.news/paleontology/chicxulub-mega-earthquake-11269.html