Große Ammoniten und kleine Negative

Derzeit werden in der Geowissenschaftlichen Sammlung Fotoarbeiten für eine Reihe unterschiedlicher Publikationen durchgeführt. Spektakulär ist das Weißen von sehr großen Ammoniten aus der Kreide von England. Was bedeutet Weißen? Gemeint ist die Bedampfung von Fossilien mir Ammoniumchlorid. Dieses ist eine seit langem verwendete Methode die für die wissenschaftliche Fotografie von Fossilien sehr wichtig ist. Beim Bedampfen werden die Fossilien mit einer dünnen weißen Schicht überzogen um beim Fotografieren nur noch die Oberflächenstrukturen hervortreten zu lassen wie auf dieser Aufnahme zu sehen.

Großer geweißter Ammonit aus der Kreide von England.

Hierdurch werden Verfärbungen die ursprünglich nicht zum Fossil gehören unsichtbar gemacht und die Oberflächen dadurch homogen gefärbt. Durch den Schattenwurf wird dann das Relief der Stücke betont. Für eine gute Fotoqualität in wissenschaftlichen Veröffentlichungen ist das sehr wichtig. In heutiger Zeit werden aufgrund des Aufwandes dieser Methode an vielen Instituten und Museen immer weniger Fossilien geweißt, was einen Qualitätsverlust der Abbildungen zur Folge hat.

Beim Bedampfen wird das Salz in einem Glasbehälter mit einem Bunsenbrenner erhitzt bis es verdampft. Mittels eines Blasebalges wird es dann auf die Oberfläche des Fossils aufgedampft, wo es sich niederschlägt. Dadurch erhält man eine extrem dünne weiße Schicht auf dem Objekt.

Das Weißen von Fossilien erfolgt unter dem Abzug – die Dämpfe sind gesundheitsschädlich.
Der Überzeug aus Ammoniumchlorid muss für die Fotografie nur ganz dünn sein.

 

Anschließend werden die geweißten Fossilien fotografiert. Inzwischen wurde eine umfangreiche Bildersammlung mit Fotos solcher geweißter Fossilien angelegt. Die Bildersammlung besteht jedoch nicht nur aus geweißten Digitalfotos, ein Teil sind auch gescannte Dias und Negative aus analogen Zeiten. Diese sind wichtig, zumal man in der wissenschaftlichen Arbeit immer auf Vorwissen aufbaut und daher gelegentlich auch bereits publizierte Abbildungen neu verwendet oder ergänzende Abbildungen verwendet die vor längerer Zeit entstanden. Mitunter ist es erstaunlich wie unterschiedlich dann die Ergebnisse aussehen für ein und dieselbe Vorlage aussehen können. Als Beispiel sehen wir hier ein Gesteinsstück aus der Kreide von Namibia mit einer Ansammlung von Austern.

Ein gescanntes und bearbeitetes Negativ eines Gesteinsstückes mit fossilen Austern aus Namibia.
Dieselbe Aufnahme fossiler Austern aus der Kreide von Namibia, aus Klinger (1977), Annals of the South African Museum 73(3), 81-92: Fig. 4.

Doch auch die Dokumentation durch Farbfotos hat einen wichtigen Platz in der wissenschaftlichen Fotografie. Für ein Ammonitenfossil sind die wichtigsten Grundsätze der Fotografie die folgenden Punkte:

a) Es wird grundsätzlich mit einem Maßstab fotografiert. Am besten ist ein cm-Masstab oder eine Lineal, zur Not tut es jedoch auch ein Gegenstand des Alltages, z.B. eine Euromünze oder ein Bleistift.

b) Die Aufnahme muss eine genügende Tiefenschärfe haben und insgesamt scharf sein.

c) Die Mündung (also der breiteste Teil des Gehäuses, dort wo das Tier während seines Lebens herausschaute) wird im Bild oben orientiert (siehe Foto am Anfang dieses Artikels). Dieses engtspricht zwar nicht der Orientierung während des Lebens des Tieres vor Jahrmillionen und macht eigentlich keinen Sinn – hat sich aber seit über 200 Jahren in der Wissenschaft als Standard der Abbildung so festgelegt.

d) Man versucht das Fossil aus verschiedenen Blickrichtungen zu fotografieren: die breite Seite (dort wo man auf die Spirale schaut) wird als Lateralansicht bezeichnet, die schmale Seite ist die Ventralansicht (=dort wo man die Mündung sieht) bzw. die Dorsalansicht.

e) Das Licht kommt grundsätzlich von oben links – weil das menschliche Auge an diese Orientierung gewöhnt ist.

Bei uns werden nicht nur bei der Aufnahme und Weiterverarbeitung, sondern auch bei der Verwaltung von Digitalfotos moderne Wege beschritten. Die Fotos sind in einer Bilddatenbank vernetzt, und so hat sich diese zu einer separaten virtuellen Sammlung neben den Objekten in der Sammlung entwickelt. Diese muss gepflegt und dokumentiert werden und in der Praxis ist das genauso wichtig wie das Herstellen der Fotos. Auch die beste Aufnahme nützt nichts, wenn sie später nicht mehr gefunden wird.

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