Gewaltige Ammoniten mit einem Durchmesser von lokal bis zu 1.8 m lebten vor ca. 83 Mio. Jahren auf beiden Seiten des Atlantiks, in den Gefilden des heutigen Großbritanniens und Mexikos. Dies besagt eine neue Studie unter der Federführung von Dr. Christina Ifrim von der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (mittlerweile Leiterin des Eichstätter Juramuseums), u.a. mit der University of Portsmouth.
Dr. Ifrim und ihre Kollegen untersuchten die fossilen Gehäuse von 154 Riesenammoniten aus den kretazischen Gesteinen Deutschlands, Mexikos und des Vereinigten Königreichs.
“Diese enormen, seit langem ausgestorbenen Gehäusecephalopoden, verwandt mit Sepia und Oktopus, erreichten einen maximalen Gehäusedurchmesser von 1,8 m und sind wohlbekannt durch ein Exemplar im Naturkundemuseum von Münster,” so Professor Gale von der University of Portsmouth.
“Sie wurden vor 66 Mio. Jahren am Ende der Kreidezeit durch den gleichen Meteoriteneinschlag ausgelöscht wie die Dinosaurier.”
“Fossilfunde der Spezies sind extrem selten, sodass kaum etwas über sie bekannt ist”, fügt er hinzu.
“Aber weil wir so viele in Sussex fanden, konnten wir die Abfolge ihrer Entwicklung rekonstruieren.”
Von den 154 untersuchten Exemplaren war ein großer Anteil in Sussex oder Mexiko gefunden worden.
Anhand der Exemplare ließ sich von der Forschergruppe ablesen, dass bestimmte Ammoniten der Gattung Parapuzosia vor 83 Mio. Jahren sich zu enormer Größe entwickelten.
Da die Fossilien in Clustern gefunden worden waren, gehen die Paläontologen davon aus, dass die Ammoniten nach dem Reproduktionsakt, der möglicherweise nur einmal in ihrem Leben an bestimmten Orten stattfand, starben und auf den Meeresgrund sanken.
“Diese Riesenart wird gewöhnlich in den Kreidekalken des Gezeitenvorlandes von Peacehaven in East Sussex gefunden, wo die Erosion des Meeres Negativformen der Gehäuse freilegt,” so Professor Gale.
“Die größten Exemplare sind weibliche Tiere, die vermutlich einmal laichten und dann in der Folge starben.”
“Die gekammerten Gehäuse schwammen durch ihren Auftrieb für eine lange Zeit im Kreidemeer, bevor sie am Ende auf den Grund sanken, um für Millionen von Jahren konserviert zu werden.”
Die Arbeit des Teams wurde mittlerweile im Journal PLoS ONE veröffentlicht.
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0258510
Als Ergänzung zu diesem interessanten Beitrag zur Forschung sei erwähnt, dass der oben abgebildete berühmte weltgrößte Ammonit Parapuzosia seppenradensis im Jahre 1895 aus einem Steinbruch in Seppenrade bei Münster geborgen wurde. Abgüsse davon stehen in diversen Museen der Welt. Eine solche Kopie sowie weitere Repliken von kleineren Exemplaren derselben Fundstelle stehen am Eingang des Rosengartens von Seppenrade.
Ammoniten der Gattung Parapuzosia wurden in den Ablagerungen des Münsterlandes an verschiedenen Stellen gefunden. Allerdings war keiner der späteren Funde wieder so groß und spektakulär wie die ersten Stücke von vor über 100 Jahren.
Verschiedene Riesenammonitenarten tauchten relativ zeitgleich in der Oberkreide auf, zwischen 85 und 70 Mio. Jahren vor heute, relativ spät in der rund 300 Mio. Jahre währenden Evolutionsphase der Ammonoideen.
Die Ursachen des plötzlichen Auftretens des Riesenwuchses sind noch nicht eindeutig geklärt. In Frage kommen z. B. Überlebensvorteile für das Individuum bei der Wahl der Sexualpartner sowie ein optimalerer Stoffwechsel.
Zudem könnte es sich bei den Riesenformen auch um Bewohner größerer Wassertiefen gehandelt haben, die damals schon seit längerem existierten. Da aber erst in der oberen Kreidezeit der Meeresspiegel enorm anstieg – auf die wahrscheinlich höchsten Pegel der Erdgeschichte – war damit eine erhöhte Chance für ihr Auftauchen in den seichten Schelfmeeren dieser Epoche verbunden.
In der Geowissenschaftlichen Sammlung der Uni Bremen lagert ebenfalls ein gut erhaltenes und teilergänztes Exemplar der Gattung Parapuzosia aus dem Seppenrader Steinbruch. Es zählt zu den Stücken, die ursprünglich zum Fundus des Bremer Überseemuseums gehörten.
Der Durchmesser der Spirale beträgt rund 70 cm.