Ein Team aus drei US-amerikanischen Wissenschaftlern am Department of Geology and Environmental Geosciences des College of Charleston in South Carolina untersuchte Knochen von Tyrannosaurus rex, dem berühmtesten aller Raubsaurier. Aufgrund separater, sich in den Sedimentschichten wiederholender Muster der Skelettproportionen kamen sie zu dem Ergebnis, dass die Überreste nicht nur eine, sondern mehrere Arten repräsentieren.
In ihrer Forschungsarbeit untersuchten Prof. Scott Persons und seine Kollegen Dr. Gregory Paul und Dr. Jay Van Raalte die Variabilität der Knochen und Zähne, die von 37 Tyrannosaurus-Exemplaren stammten.
Die hier beobachtete hohe Schwankungsbreite in den Körpermaßen verglichen sie mit der von Überresten eines weiteren großen Raubsauriers, nämlich Allosaurus fragilis. Die Knochen der untersuchten 14 Allosaurus-Skelette stammten alle aus demselben Steinbruch: dem Cleveland-Lloyd Dinosaur Quarry in Utah. Aufgrund der gemeinsamen zeitlichen und geographischen Herkunft der Allosaurus-Knochen wurde davon ausgegangen, dass es sich hier um eine und dieselbe Spezies handelte.
Im Gegensatz dazu kamen die Tyrannosaurus-Vergleichsdaten von Fundstellen, die über den ganzen Kontinent verstreut liegen. Verglichen mit Allosaurus zeigten diese Tyrannosaurus-Überreste ein anderes Bild. Die Skelettproportionen variierten in einem für den Knochenbau einer einzelnen Art untypisch hohen Maß.
Weitere Vergleichsanalysen der Schwankungsbreiten anderer verwandter Tyrannosauriden wie Albertosaurus, Daspletosaurus und Tarbosaurus bestätigten die in Bezug auf Tyrannosaurus geringere Variabilität.
Aber es gab noch eine weitere Überraschung. Laut Prof. Persons gab es in dem großen Streubereich ein Muster. Ca. die Hälfte der Tyrannosaurus-Skelette fiel für einen großen Raubsaurier auffallend grazil aus. Nachdem sie die Knochen und Zähne nach Fundschicht und damit nach Alter sortiert hatten, stellte sich heraus, dass die grazileren Exemplare sich nur in jüngeren Schichten fanden. Sie zeichneten sich im Gegensatz zu den Exemplaren älterer Schichten durch einen schlankeren Körperbau aus und durch nur einen einzelnen Satz meißelartiger Zähne. Die Forscher vermuten, dass es sich dabei an eine Anpassung an ökologisch ungünstigere Lebensbedingungen gehandelt haben könnte. Ansonsten hätte die Evolution eher in Richtung robusterer Formen verlaufen sollen. Aber es wurde noch komplizierter. Es kristallisierten sich im Prinzip 3 unterschiedliche Formen heraus:
– In den älteren Schichten findet sich eine stämmige Form A mit einem doppelten Satz meißelförmiger Zähne. Diese ist vermutlich ein Vorläufer der Form B.
– In den jüngeren Schichten gibt es die grazile Form mit einem einzelnen Satz der Meißelzähne. Diese ist vermutlich ein Nachfolger der Form A.
– Ebenfalls in den jüngeren Schichten taucht Form C auf, die ebenfalls stämmig gebaut ist, aber nur einen einfachen Satz von Meißelzähnen aufweist.
Obwohl noch nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass doch extreme individuelle Unterschiede im Körperbau oder ein atypischer Sexualdimorphismus zu den Resultaten beigetragen haben, geht das Team nach Betrachtung von Art und Verteilung vor allem der Oberschenkelknochen in den Sedimentschichten davon aus, dass die Funde tatsächlich verschiedenen Arten zuzuordnen sind.
So schlugen sie neue Artennamen vor:
- für die ältere stämmige Spezies (A) wählten sie den Namen Tyrannosaurus imperator.
- Die jüngere grazilere Spezies tauften sie auf Tyrannosaurus regina
- Die jüngere stämmige Spezies behielt die ursprüngliche Benennung Tyrannosaurus rex. Deren Körperbau entspricht dem des ursprünglich als Erstes gefundenen T.rex-Skeletts.
Die Studie erscheint im Journal Evolutionary Biology.
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G.S. Paul et al. The Tyrant Lizard King, Queen and Emperor: Multiple Lines of Morphological and Stratigraphic Evidence Support Subtle Evolution and Probable Speciation Within the North American Genus Tyrannosaurus. Evol Biol, published online March 1, 2022; doi: 10.1007/s11692-022-09561-5
Quelle : Science News, 2.3.2022