Ein Team um Professor Kurt H. Kjaer und Dr. Mikkel Pedersen, Forschern am Lundbeck Foundation GeoGenetics Centre der Universität von Kopenhagen, konnte anhand von Sedimentproben aus der Kap-København- Formation auf Grönland ein ca. 2 Mio. Jahre altes Ökosystem rekonstruieren.
Die untersuchten Sedimente wurden wohl über einen Zeitraum von schätzungsweise 20.000 Jahren abgelagert und sind seit ihrer Entstehung nicht durch Menschenhand beeinflusst worden. Eine Arbeitsgruppe um Professor Eske Willerslev, Forscher am Lundbeck Foundation GeoGenetics Centre der Universität von Kopenhagen und an den Universitäten von Cambridge und Bremen, extrahierte die Proben und sequenzierte die darin enthaltene Umwelt-DNA (Environmental DNA, eDNA). Was sie in den Erbinformationen fanden, waren Hinweise auf eine boreale Mischwaldvegetation mit arktischen und subarktischen Sträuchern und Krautpflanzen. An Bäumen wurden im Wesentlichen Lebensbäume, Pappeln und Birken nachgewiesen.
Die in dieser Flora beheimatete Fauna setzte sich nach den Untersuchungsergebnissen zusammen aus typischen Vertretern der prähistorischen Lebewelt wie Mastodonten, aber auch weniger vorzeitlich wirkenden Tieren wie Hasen und Nagetieren, Rentieren und Gänsen. Allerdings sind diese als die mehr oder minder identischen Vorfahren ihrer heutigen und im Pleistozän vorkommenden Verwandten zu verstehen.
Die 41 untersuchten Proben der Kap-København-Formation stammen von 5 verschiedenen Fundorten aus dem nordgrönländischen Peary-Land, einer heutigen Eiswüste.
Zur Zeit der Sedimentbildung vor 2-3 Mio. Jahren war diese Region allerdings ca. 10 Grad Celsius wärmer als heute.
Auch Spuren von Meeresorganismen konnten nachgewiesen werden: es scheint dort eine Population von Atlantischen Pfeilschwanzkrebsen (Limulus polyphemus) gegeben zu haben. Die Forscher interpretieren dies als Hinweis auf höhere Temperaturen der Meeresoberfläche im frühen Pleistozän. Dies deckt sich auch mit früheren Untersuchungen.
Laut Dr. Pedersen gibt es heutzutage kein Ökosystem, das dem in der Studie rekonstruierten äquivalent wäre. Die damals herrschenden Temperaturen waren beträchtlich höher als die heutigen, scheinen aber ähnlich denen gewesen zu sein, die wir in Anbetracht der Klimaerwärmung in Zukunft zu erwarten haben.
Fossilien von Wirbeltieren aus arktischen Regionen dieser Zeit sind selten. Daher ist das Wissen über die betreffende Lebenswelt bislang lückenhaft.
Nach Dr. Alan Hidy, Teammitglied am Lawrence Livermore National Laboratory in Livermore, Kalifornien, ist die für die Studie gesammelte und sequenzierte eDNA die älteste, die je sequenziert wurde.
Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal Nature veröffentlicht.
K.H. Kjær et al. 2022. A 2-million-year-old ecosystem in Greenland uncovered by environmental DNA. Nature 612, 283-291; doi: 10.1038/s41586-022-05453-y