Seelilien gehören zu den seltenen Fossilien. Besonders dann, wenn sie komplett erhalten sind. Es gibt pelagische und sessile Arten. Die meisten wachsen vertikal, von unten nach oben. Für eine pelagische und doch seltsame Lebensweise haben sich die „Bojen-Seelilien“ entschieden. In fossiler Erhaltung tauchten sie erstmals in den siebziger Jahren auf den Börsenständen der Marokkaner auf.
Vor ca. 30 Jahren besuchte ich mit meiner Frau und Freunden – alle zur Sammlergruppe im Überseemuseum Bremen gehörend – erstmals Marokko. Auf dem Wunschzettel stand der Besuch der Fundstelle, wo erstmals „Riesenphacopiden“ (Trilobiten) geborgen wurden und der Erwerb von „Bojen-Seelilien“. Die Fundstelle der „Riesenphacopiden“ konnten wir vergessen. Der VW-Kombi war nicht geländetauglich. Doch konnten wir eine schöne Platte mit den gesuchten „Bojen-Seelilien” erwerben (nach Zugabe einer Jeanshose und Turnschuhen bei den Preisverhandlungen).
Die Fundstelle der „Bojen-Seelilien“, den Scyphocrinitidae, befindet sich im Tafilalet, südlich Erfoud. Abgelagert wurden sie vom Oberen Silur bis ins Untere Devon. Es ist das größte Vorkommen der weltweit vorkommenden Scyphocrinitidae. Das Vorkommen erstreckt sich über mehrere Lagen in unterschiedlicher Tiefe. Heute muss mehrere Meter tief gegraben werden, um an das Vorkommen zu gelangen. Das Meer war damals sehr bewegt und planktonreich.
Die Seelilie besteht aus der auf dem Wasser schwimmenden „Bojenwurzel“ (Lobolith), dem teils mehrere Meter langen Stängel und der Krone. Ein komplettes Exemplar wurde bisher nicht gefunden. Im unteren Bereich (Oberes Silur) kommen nur die Arten Scyphocrinitis und Carolicrinus vor. Im oberen Bereich (Unteres Devon) nur die Arten Marhoumacrinus und/oder Camarocrinus. Auch gibt es 2 Formen von Lobolithen a und b. Die Form a ist im Inneren mit Cirren abgetrennt während die Form b im Inneren durch Platten abgetrennt ist. Auch liegen die Kronen nicht gemeinsam mit den Lobolithen in den Ablagerungen. Es wird vermutet, dass die gasgefüllten Lobolithen nach dem Abtrennen verdriftet wurden und sich daher bankbildend extra ablagerten.
Quellen:
Haude et al 2014, gzg-uni-goettingen
Patrice Lebrun 2018, Fossiles du Maroc